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Achtunddreissig Grad


Eigentlich haette dies nochmal ein tolles Wochenende werden sollen. Ich hatte mir den Besuch von
Xian vorgenommen. Wem der Name der Stadt nichts sagt, der hat bestimmt schon mal von der
Terracotta-Armee gehoert, die dort ausgegraben wurde. Ausserdem ist Xian eine der aeltesten Staedte
Chinas und soll ueber die am besten erhaltenste intakte Stadtmauer verfuegen. Ich hatte mir sogar
schon die Fluege fuer Samstag und Sonntag besorgt, aber es sollte alles anders kommen.



Freitagmorgen bin ich dann mit Schuettelfrost und miesem Gefuehl aufgewacht. Also erstmal dick eingepackt
und versucht nochmal ein wenig zu schlafen. In der Firma habe ich noch per Jabber (wer das nicht kennt,
kennt ICQ ;-) Bescheid gegeben und folgende seeehr beruhigende Antwort von meinem Chef bekommen:

you just take rest at home.donot care about the work.Health is the first. :-)


Da es mir mittags immer noch nicht besser ging und ich die Hoffnung auf Xian am Wochenende noch nicht begraben
wollte, habe ich alle meine Vorurteile ueber Bord geworfen und wollte doch mal zum Arzt gehen. Ich hatte von
vielen Deutschen schon sehr spezielle Meinungen/Warnungen ueber die Aerzte hier gehoert.



Die "Praxis" in der ich dann gelandet bin sah irgendwie mehr nach einer Apotheke aus und war Anmeldung, Wartezimmer,
Behandlungszimmer und Apotheke in einem auf ca. 20 Quadratmetern. Mitten im Raum stand ein Schreibtisch, an welchem
der "Arzt" im dicken Wintermantel und (frueher sicher mal) weissem Kittel darueber sass. Auf einem der 3 Stuehle davor (das
Wartezimmer) sass ein kleiner Junge (vermutlich sein Sohn) und spielte mit einem Kugelschreiber. Natuerlich hatte der
Laden keine Tuere, Vorhaenge oder Sonstiges und so war dieser "Arztladen" ein interessantes Begleitprogramm fuer alle
Leute, welche vor den benachbarten Restaurants gerade zum Mittag assen.



Auf dem Schreibtisch lag so ziemlich alles was fuer die "Diagnose" gebraucht wurde: ein Glas mit Fieber-Thermometern in Alkohol,
ein paar Wattestaebchen, eine handelsuebliche Taschenlampe sowie ein Stethoskop. Nachdem jedes Utensil einmal angewendet wurde,
wurden auch schon die Spritzen aufgezogen. STOP! Hier wurde es mir dann doch zu viel des Guten, denn Spritze verbinde ich erstens
mit Notfall (und so fuehlte ich mich nicht), zweitens hatte ich keine Ahnung was abgeht und drittens habe ich genuegend Stories
von anderen Auslaendern ueber benutzte Kanuelen und Methoden wie beim Tierarzt gehoert.



Nachdem ich ihnen dann zu verstehen gegeben habe, dass ich mich ganz sicher NICHT spritzen lassen werde, wurde dann auf
"reichhaltige" Tablettenkost umgeschwenkt. Ich bekam eine Menge kleine Tuetchen auf denen nicht mehr draufsteht als die Anzahl
der Tabletten, die ich pro Mahlzeit davon einnehmen soll. Insgesamt 12 Tabletten (PRO ESSEN!) und ein Beutelchen mit leckerem"Zeugs" zum einruehren und trinken. Die weiteren Hinweise waren von "Verstaendlich" bis "naja":
  • kein Alkohol (Auslaender sind eh alle Alkoholiker!)
  • keine Softdrinks (gut, das Zeug ist eeh ungesund)
  • kein Pfeffer (was hat das denn damit zu tun?)
  • kein Rindfleisch (bitte was?)
  • kein Tee (nagut, wer weiss was drin ist)
  • viel heisses Wasser trinken (viel trinken klar, und heiss bedeutet abgekocht, also auch ned schlecht)




Am Ende durfte ich natuerlich, wie im Ausland ueblich, in Cash bezahlen. Das gestaltete sich aber recht moderat, denn die gesamte
Behandlung inklusive Medikamenten-Cocktail kostete mich 17 Yuan (= 1,58 Euro). Eine interessante Frage bleibt da: "Was ist mir
meine Gesundheit wert?". Aber immerhin weiss ich jetzt wofuer ich meine Auslandskrankenversicherung habe ;-)



Und Xian? Zum Glueck konnte ich die Fluege fuer wenig Geld und Nerven telefonisch um eine Woche nach hinten verschieben. Und so
verbring ich jetzt das Wochenende liegender- und lesenderweise im Bett, blicke meiner (vorerst ?) letzten Arbeitswoche in China
entgegen und freue mich auf Xian naechstes Wochenende.



Und jetzt: Ich bitte um eine Runde Mitleid! ;-)

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